Raus aus der Talsohle: Bio wieder stärker nachgefragt

Raus aus der Talsohle: Bio wieder stärker nachgefragt

Zum Start der Grünen Woche 2025 veröffentlicht die FÖL die diesjährigen Bio-Marktzahlen für die Region Berlin/Brandenburg. Die sich im Jahr 2023 abzeichnende Erholung im Bio-Absatz setzte sich auch 2024 fort.

Der Absatz nahm besonders bei verpackten Bio-Lebensmitteln, wie Nudeln, Müsli und Keksen, zu und stieg von Januar bis September 2024 um 9,7 % (Umsatz: 9 %). Der Absatz von Frischeprodukten stieg um 2,2 % (Umsatz: 1,4 %). Da der Absatz stärker als der Umsatz steigt, werden Bio-Produkte tendenziell sogar günstiger. Bio agiert somit erneut als Inflationsbremse.

In Berlin und Brandenburg legten die Verbraucherausgaben für Bio-Frischeprodukte (ca. 60 % des Bio-Marktes) zum Vorjahr um 6,9 % zu (laut der Analyse der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) nach GfK-Haushaltspanel, Daten bis September 2024). Damit baute Berlin seine bundesweite Spitzenposition bei Bio-Frischeprodukten mit 12,5 % aus (Bundesschnitt: 8,1 %).

Regionaler Naturkostfachhandel wächst wieder

Nach Erhebungen der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg e. V. (FÖL) lagen die Umsätze des Naturkostfachhandels (Bio-Supermärkte, Bio-Lieferdienste, handwerklich arbeitende Bio-Betriebe und Bio-Direktvermarkter) in Berlin-Brandenburg 2024 bei ca. 680 Millionen Euro (2023: 652 Millionen Euro). Damit stiegen die Umsätze in diesen Absatzkanälen mit 4,5 % wieder an.
Wichtigste Akteure im klassischen Naturkosteinzelhandel bleiben die Bio-Supermärkte mit nunmehr 143 Filialen. Marktführer in der Hauptstadtregion ist weiterhin die Bio Company (58 Filialen), gefolgt von denn’s Biomarkt (54 Filialen), Alnatura (21 Filialen) sowie der LPG (10 Filialen).

Vollsortimenter und Discounter profitieren weiter

Trotz des Wachstums des Naturkostfachhandel setzt sich die Verschiebung der relativen Umsatzanteile vom Naturkostfachhandel zum LEH weiter fort, weil dort das Bio-Sortiment weiter konsequent ausgebaut wird. Denn während im Naturkosteinzelhandel bereits 100 % Bio erreicht sind, hat der LEH in Sachen Bio noch viel Luft nach oben. Offensichtlich sind alle LEH-Strukturen trotz der zwischenzeitlichen Verunsicherung der Verbraucher gewillt, ihren Bio-Anteil signifikant weiter auszubauen. So konnten die Vollsortimenter (Edeka und Rewe) 2024 ihren Bio-Absatz in der Hauptstadtregion um mehr als 9 % steigern. Noch stärker dürften die Bio-Umsätze bei den Discountern gewachsen sein.

Vom Markenprodukt zur Eigenmarke

Entlang aller Verkaufsstätten verfestigt sich weiterhin der Trend zur Bio-Eigenmarke der Handelsketten. So ist der Eigenmarkenanteil bei den Vollsortimentern auf einen Anteil von über 50 % gewachsen – und dies, obwohl die Preissteigerungen in diesem Segment signifikant höher als bei den Markenprodukten waren. Bei Letzteren verzichteten die Hersteller während der Inflationskrise weitgehend auf Preiserhöhungen.

Die Entwicklung des ökologischen Landbaus in Brandenburg

Grafiken zur Entwicklung des Bio-Flächenwachstums in Brandenburg finden Sie hier.

In Brandenburg werden mittlerweile 225.245 ha ökologisch bewirtschaftet – das entspricht einem Bio-Anteil von 17,36 %. Damit verdrängte Brandenburg den bisherigen Spitzenreiter unter den Bundesländern (Hessen: 16,3 %) und ist jetzt wieder das Flächenland mit dem höchsten Bio-Flächenanteil. Das Saarland wird als sehr kleines Bundesland, flächenmäßig vergleichbar mit der Uckermark, hier nicht mitberücksichtigt. Mit 1.169 Bio-Betrieben wirtschaftet mittlerweile mehr als jeder 5. Hof in Brandenburg ökologisch (21,8 %).

Auf Erzeugerseite führte die Verunsicherung infolge des Inflationsschocks zu einer Abschwächung der Umstellungsdynamik – bundesweit (+ 1,6 %) wie auch in Brandenburg (+ 3,6 %). Gleichwohl lagen die Brandenburger Umstellungsquoten die letzten 5 Jahre stets über dem Bundesdurchschnitt und machten Brandenburg so wieder zum Bio-Land Nr. 1 unter den Flächenländern.

Ungenutzte Marktpotenziale in der Metropolregion Berlin-Brandenburg

Der vom Brandenburger Landwirtschaftsministerium in Auftrag gegebene und 2024 vorgestellte Bio-Marktbericht Brandenburg/Berlin hat anschaulich die Vorzüglichkeit und Potenziale des ökologischen Landbaus in der Metropolregion aufgezeigt. Brandenburgische Landwirtschaftsbetriebe haben demnach mit dem Berliner Markt den größten Bio-Absatzmarkt der Republik in ihrer Mitte. Da dieses Marktpotenzial noch nicht ausreichend mit Erzeugnissen aus Brandenburg bedient werden kann, besteht weiter Handlungsbedarf, um neue Produkte an den Markt zu bringen, neue Wertschöpfungsketten aufzubauen und / oder neue Absatzkanäle wie die Außer-Haus-Verpflegung zu erschließen.

Positiver Marktausblick

Während die Erzeugerpreise die letzten beiden Jahre nicht mit den gestiegenen Produktionskosten mithalten konnten, steuert der Markt gegenwärtig auf einen Kipppunkt zu: So erwarten diverse Marktteilnehmer eine zunehmende Verknappung von Bio-Rohstoffen und in der Folge eine spürbare Verbesserung der Erzeugerpreise.

Folgende Faktoren stützen diese Prognose:

  • Das kontinuierliche Wachstum – insbesondere im LEH und bei den Discountern – geht mit einem wachsendem Rohstoffbedarf einher
  • Das breite Commitment des LEH zugunsten von Verbandsware schützt tendenziell die inländische Produktion gegenüber billigerer Importware insbesondere aus Osteuropa.
  • Am Getreidemarkt werden bereits größere Roggenpartien von Futtermühlen eingesetzt, weil klassisches Futtergetreide knapp ist.
  • Insbesondere für Milch und andere tierische Produkte wird für 2025 eine “knappe Versorgung” prognostiziert.
  • Bei wachsenden Umsatzanteilen ist angebotsseitig kaum Entlastung durch die vergleichsweise wenigen Umstellungsbetriebe der letzten 2 Jahre zu erwarten.

Da die Erzeugnisse der Umstellungsbetriebe erst nach zwei Jahren als biozertifizierte Ware voll am Markt erscheinen, ist es wahrscheinlich, dass sich das antizyklische Verhalten der Brandenburger Umsteller als richtig erweisen wird.

Ökoaktionsplan Brandenburg fortschreiben

Der zu Beginn der letzten Legislatur erarbeitete und 2021 verabschiedete Ökoaktionsplan Brandenburg zielt darauf ab, die Angebots- und Nachfrageseite für den Ökolandbau gleichermaßen und bestenfalls im Gleichschritt zu entwickeln. Eine wesentliche Strategie des Ökoaktionsplans war, diesen in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit Vertretern und Stakeholdern der Branche und Verwaltung zu diskutieren und auszuarbeiten. Für die Branche ist dies ein wichtiger Meilenstein, da es auch ein gemeinsames Verständnis für die Herausforderungen, Chancen und Grenzen des Ökolandbaus in der Hauptstadtregion schuf. Dieser Prozess trägt nunmehr erste Früchte und sollte unbedingt weitergeführt werden.

Neue Projekte der FÖL

Die Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg engagiert sich weiterhin in zahlreichen Projekten für den Aufbau von Bio-Wertschöpfungsketten in der Region, im Bereich der Verbraucherinformation und der Beratung. Zwei wichtige Projekte sind im Herbst 2024 bzw. zum Jahresbeginn 2025 gestartet.

Neue Absatzkanäle für Brandenburger Roggen

Roggen ist – in Bio-Qualität sowie in konventioneller Qualität – das meistangebaute Getreide auf den mehrheitlich nährstoffarmen Brandenburger Böden, die Landwirtschaft hat hier jedoch seit Jahren ein Vermarktungsproblem. Die Nachfrage nach Roggen bleibt hinter der von Weizen zurück, die Marktpreise sind für die Erzeuger nicht auskömmlich. Der Absatz von Brotroggen sinkt aufgrund von Käufergewohnheiten stetig, der Trend geht zu hellerem Brot.

Mit dem Ziel, alternative Absatzkanäle für Brandenburger Bio-Roggen zu schaffen, arbeitet die FÖL gemeinsam mit dem Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e. V. (ILU) und der Bioland-Beratung im Projekt “RoggReis” daran, eine regionale und klimafreundliche Alternative zu Reis zu entwickeln. Das Projekt ist zum Jahresbeginn gestartet und läuft vier Jahre. Die Projektpartner stellen sich den Herausforderungen, für die Kocheigenschaften, die Konsistenz und die Farbe ein Äquivalent zu herkömmlichem Reis zu entwickeln. Es gibt bereits erste Versuche, die geschmacklich überzeugen, in der Konsistenz aber eher einem herkömmlichen Risotto ähneln. Das Projekt wird daran arbeiten, die Kocheigenschaften von Langkorn-Naturreis zu imitieren, damit das Produkt vielseitig einsetzbar ist und beispielsweise für die Gemeinschaftsverpflegung eine preislich attraktive Alternative darstellt. Auch wird ein Vermarktungskonzept erarbeitet, um das neue Produkt bei Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt zu machen und die Akzeptanz zu erhöhen. Am Freitag, den 17.01. kann der RoggReis im Rahmen des FÖL-Bühnenprogramms auf der Grünen Woche verkostet werden (siehe unten).

Bio macht Schule: Ernährungsbildung an der Berliner Sekundarstufe 1

Im September 2024 startete das dreijährige Projekt „Wissen was schmeckt – Leckeres Essen aus Stadt und Region“. Gemeinsam mit der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Berlin Brandenburg e. V. führt die FÖL das Projekt im Rahmen der BioStadt Berlin im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz durch. Ziel des Projekts ist es, Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 an gesunde und nachhaltige Ernährung aus der Region heranzuführen: Wie werden Bio-Lebensmittel bei uns in der Region erzeugt und verarbeitet? Wie schont der ökologische Landbau unsere Umwelt? Und welche Berufsbilder gibt es im breiten und spannenden Feld der Land- und Ernährungswirtschaft?

Lehrkräfte sind eingeladen, ihr Wissen zu Bio-regionalen Wertschöpfungsketten über praktische Fortbildungen an grünen Lernorten zu erweitern. Für die Jugendlichen werden Exkursionen zu verschiedenen Betrieben entlang der Lebensmittelkette organisiert – beispielsweise zu Bio-Höfen, Molkereien, Bäckereien oder Gastronomiebetrieben. Auch praktische Kochworkshops stehen auf dem Plan. Im Projekt bereitgestellte Lehrmaterialien unterstützen Lehrkräfte bei der praxisorientierten und kurzweiligen Ernährungsbildung im Schulkontext. Das Projekt stellt sich am 21., 24. und 26.01. auf der Grünen Woche vor (siehe unten).

FÖL-Termine auf der Grünen Woche

Freitag, 17. 01, 15:30 – 17:00 Uhr
FÖL-Bühnenprogramm, Brandenburg-Halle 21a

Freitag, 17.01., 14:00 – 18:00 Uhr
FÖL-Kochstudio, Brandenburg-Halle 21a

Samstag, 18.01., 10:00 – 15:00 Uhr
„reffi-Schaf“ Leberkäseverkostung bei der VDL, Halle 25, Stand 105

Dienstag, 21.01., 12:30 – 13:30 Uhr
BioSpitzenköche & „reffi-Schaf“ Bratwurst, Halle 22, Stand 155

Dienstag, 21.01., ganztägig
Projekt „Wissen was schmeckt!“ am Stand der Berliner Ernährungsstrategie (Stand 100) inkl. Mitmachaktion zum Thema Bio-Wertschöpfungskette und Grünen Berufen & publikumsnahe Präsentation des Projektes auf der Bühne inkl. Kochaktion (13:15 – 13:45 Uhr), Berlin & Bio-Halle 22a

Mittwoch, 22.01., 12:30 – 13:30 Uhr
BioSpitzenköche & „reffi-Schaf“ Cevapcici, Halle 22, Stand 155

Freitag, 24.01., ganztägig
Projekt „Wissen was schmeckt!“ am Stand der Berliner Ernährungsstrategie (Stand 100) inkl. Mitmachaktion zum Thema Bio-Wertschöpfungskette und Grünen Berufen & publikumsnahe Präsentation des Projektes auf der Bühne inkl. Kochaktion (11:45 – 12:15 Uhr), Berlin & Bio-Halle 22a

Sonntag, 26.01., ganztägig
Projekt „Wissen was schmeckt!“ am BÖL-Messestand (Stand 155) inkl. Mitmachaktion zum Thema Bio-Wertschöpfungskette und Grünen Berufen & publikumsnahe Präsentation des Projektes auf der Bühne inkl. Kochaktion (11:00 – 11:30 Uhr), Berlin & Bio-Halle 22a

Weitere Terminhinweise

Politische Pressekonferenz des BÖLW

Unter dem Motto „Jobmotor Bio“ stellt der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) Daten zum Arbeitsmarkt vor und gibt politische Empfehlungen. Diskutiert werden u. a. folgende Fragen: Wie viele Menschen verdienen in Deutschland ihr Geld mit Bio? In welchen Bereichen sind sie tätig? Wie weiblich ist Bio? Wie grün ist die Energie der Bio-Betriebe?

Zeit: Mittwoch, 15. Januar 2025, 10:00 bis 11:00 Uhr
Ort: Messe Berlin (Halle 6.3, Pressezentrum, Raum B), Messedamm 26, 14055 Berlin

„Wir haben es satt!“-Demo

Unter dem Slogan „Wer profitiert hier eigentlich?“ demonstrieren Verbraucherinnen und Verbraucher Seite an Seite mit Bäuerinnen und Bauern für eine sozial-gerechte und ökologische Landwirtschaft in bäuerlicher Hand. Organisiert wird die jährliche Demo von der Kampagne „Meine Landwirtschaft“, dem Trägerkreis gehört eine Vielzahl regionaler und überregionaler Initiativen und Unternehmen an. https://www.wir-haben-es-satt.de

Zeit: Samstag, 18. Januar 2025, 12:00 Uhr
Ort: Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin

Aktuelle Meldungen und Termine der FÖL zur Grünen Woche finden Sie unter: www.foel.de/gruene-woche

Bio-Marktbericht Brandenburg-Berlin 2023-2024 der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI).

Kontakt
Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau
Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V.
Michael Wimmer
Marienstraße 19-20
10117 Berlin
Mobil: 0179 4527147
E-Mail: m.wimmer@foel.de
Bio erleben: www.bio-berlin-brandenburg.de
Verein: www.foel.de