EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hat heute in Brüssel seine agrarpolitische Vision vorgestellt. Damit möchte er den Weg der europäischen Landwirtschaft der Zukunft ebnen. Dazu ein Kommentar von Jan Plagge, Präsident Bioland e.V.:
“Die von Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen vorgestellte agrarpolitische Vision für 2040 enthält wichtige Impulse. Insbesondere die Betonung des Generationswechsels und die Förderung einer widerstandsfähigen, wettbewerbsfähigen Landwirtschaft sind zentrale Punkte, die dringend angegangen werden müssen.
Positiv ist auch der erkennbare Wille, die Agrarförderung zu vereinfachen und diejenigen Betriebe zu adressieren, die eine finanzielle Grundstützung am dringendsten benötigen, mit besonderem Augenmerk auf benachteiligte Gebiete, Junglandwirte und Neueinsteiger.
Dass Hansen weiter an Direktzahlungen festhält, birgt allerdings die Gefahr, dass alte Fehlanreize bestehen bleiben. Im Strategischen Dialog haben wir klar dafür plädiert, von den pauschalen Flächenzahlungen abzusehen. Zudem reicht es nicht aus, Bio oder Agrarökologie als „attraktive Option“ für junge Landwirte zu erwähnen.
Was es braucht, sind zum einen konkrete Maßnahmen – und zum anderen eine langfristige Finanzierung über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Erste Eckpunkte des MFR deuten allerdings darauf hin, dass andere Sektoren höhergestuft werden, sodass Hansens zentrale Arbeitsschwerpunkte nochmals einer starken Priorisierung unterliegen dürften.
Denn weder für die GAP noch für die Ländliche Entwicklung werden von der Kommission bislang Budgets genannt. Ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung kann die dringend notwendige Transformation der Landwirtschaft nicht gelingen.
Besonders wichtig finde ich, dass die Vision anerkennt: Ohne gesunde Böden gibt es keine stabile Lebensmittelproduktion. Der Ökolandbau hat längst bewiesen, dass er die Bodenfruchtbarkeit erhält und fördert. Auch die geplante Wasserresilienzstrategie ist ein entscheidender Schritt, um unser Trinkwasser besser zu schützen.
Der Ökolandbau kann hier mit seinen nachweislichen Vorteilen zur Reduktion von Wasserverschmutzung und zur Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit der Böden einen wertvollen Beitrag leisten. Es ist auch richtig und wichtig, dass Hansen die Stärkung der Landwirte in der Wertschöpfungskette zur Priorität macht. Doch das gelingt nicht, indem man sie in neue Abhängigkeiten drängt oder falsche Hoffnungen auf Wundermittel der neuen Gentechnik schürt.
Insgesamt ist die Vision ein Schritt in die richtige Richtung. Der bevorstehende Reformprozess bietet die Gelegenheit, die notwendigen Weichenstellungen vorzunehmen – aber nur, wenn die EU den Mut hat, die Transformation ihrer Agrarpolitik konsequent anzugehen. Hierbei setze ich große Hoffnung in die Fortsetzung des Strategischen Dialogs, im Rahmen des European Board of Food and Agriculture.”